Landtagspräsidentin zu Besuch in Geislingen 1. Juni 2018 - Archiv

Volles Haus im Foyer der Gewerblichen Schule: Landtagspräsidentin Muhterem Aras steht den Schülern Rede und Antwort.

Die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras berichtet an der Gewerblichen Schule in Geislingen von ihrer Arbeit.

(Bericht Geislinger Zeitung / Celina Sautter/ 17.05.2018, © Foto: Markus Sontheimer)

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Mit zwölf Jahren kam Muhterem Aras aus einem kleinen Dorf in der Türkei nach Deutschland – ohne ein Wort Deutsch zu können. Mittlerweile ist sie Landtagsabgeordnete der Grünen für den Wahlkreis Stuttgart und seit einem Jahr Landtagspräsidentin.

Im Rahmen der Infoveranstaltung „Landtag vor Ort“ besuchte Aras Anfang der Woche die Gewerbliche Schule in Geislingen: Die Klasse BKFH hatte sich für das Angebot des Landtages beworben, bei dem es darum gehen soll, Schülern die Arbeit in der Politik näher bringen.

„Meiner Mutter war es sehr wichtig, dass ich später eine vernünftige Ausbildung bekomme“, erzählte Muhterem Aras den Schülern. Für jede Eins in der Schule habe sie fünf Mark bekommen. Als Klassenbeste legte sie einen hervorragenden Hauptschulabschluss hin. Danach besuchte sie eine Wirtschaftsschule, machte ihr Abi an einem beruflichen Gymnasium und studierte Wirtschaftswissenschaften. Gleich darauf bestand sie das Steuerberater-Examen und gründete ein Steuerberatungsbüro.

Die Politikerin gab den Jugendlichen ausführlich Einblicke in ihre Aufgaben in der Partei und im Landtag. Als Sitzungsleiterin im Plenum kümmert sie sich darum, dass alles fair abläuft. Eine Frage in der anschließenden Diskussionsrunde zielte auf diese Thematik ab: Schüler wollten wissen, inwiefern sich seit der jüngsten Bundestagswahl die Atmosphäre im Landtag verändert habe. Seit die AfD im Landtag sitze, habe sich die Zahl der Ordnungsrufe erhöht, erläuterte Aras – auch wenn sie und ihr Stellvertreter Wilfried Klenk versuchten, nicht inflationär damit umzugehen.

Da Aras viele Aufgaben übernimmt, kam bei den Schülern die Frage auf, ob sie überhaupt einen geregelten Arbeitstag habe. Eigentlich nicht, meinte die Politikerin: „Meistens werde ich morgens abgeholt und zu meinen Außenterminen gebracht.“ Danach gehe es zu etlichen Besprechungen und in ihr Büro. Oftmals komme sie erst gegen 22 Uhr nach Hause. Auch am Wochenende widme sie sich häufig der Politik. „Aber ich mache das gerne und arbeite aus Leidenschaft.“

Auf den Vortrag in der Aula folgte die Fragerunde der Schüler. Sie hatten sich umfassend informiert und Fragen zu Infrastruktur – B 10, Stuttgart 21 –, Wohnraumpolitik, Arbeitsmarkt, Bildungspolitik, Chancengleichheit und Generationenvertrag vorbereitet. Den Schülern wie der Schulleiterin Ilse Messerschmid gefiel, dass Aras vor dem Besuch erklärt hatte, ganz offen auf alles antworten zu wollen und es nicht nötig sei, ihr vorab Fragen vorzulegen, damit sich ein natürliches Gespräch entwickeln könne.

Einige Jugendliche interessierten sich für Aras’ Haltung zur kurdischen Arbeiterpartei PKK und zum türkischen Staatschef Erdogan. Anhand ihrer Antworten wurde schnell klar, dass die Politikerin den Gebrauch von Gewalt völlig ablehnt. Zu Erdogan fand sie deutliche Worte: Er trage dazu bei, dass die Demokratie in der Türkei schwinde – „das bedauere ich sehr“.

Ein Schüler wollte wissen, wie jeder Einzelne sich in die Politik einbringen könne. Aras ermunterte jeden, sich zu engagieren: „Jugendliche haben die Möglichkeit, öffentliche Versammlungen jeder Partei zu besuchen.“ Man könne sich in vielen Gremien engagieren und den Kontakt zu Wahlkreisabgeordneten suchen. „Wer sich nicht einbringt, darf die Arbeit der Politiker nicht kritisieren.“ Generell wünscht sie sich in der Politik mehr Beteiligung von Jugendlichen.

Schulleiterin Ilse Messerschmid war begeistert vom Besuch der Politikerin. Die Gewerbliche Schule besuchten viele Schüler mit türkischen Wurzeln, weshalb der Besuch von Muhterem Aras sehr wichtig gewesen sei.

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